Frühling 2018: Noah Eisenring, Albert Vogt und Remo Schmid sind drei unserer sechs Müller-Lernenden. Sie trafen sich zum Gespräch mit Rudolf Krebs (67), er war viele Jahre Obermüller bei Swissmill. Ab 1970 hat er als Müller alle Funktionsstufen bei Swissmill durchlaufen und sämtliche Um- und Neubauten in der Mühle mitgemacht: «Da ist also nichts mehr so, wie es einmal war.»
In der Runde mit dabei war auch Hans Schmid (47): Der gelernte Müller und Müllereitechniker kam 1995 zu Swissmill. Als Silochef und Ausbildungsleiter weiss er, wie anspruchsvoll es für die Lernenden ist, in einer so grossen Mühle mit über 1'000 Maschinen und Anlagen, unzähligen Röhren und Räumen die Zusammenhänge der Produktionsflüsse zu erkennen. Und ja, sagen die Jungen: «Sind wir ein paar Wochen nicht da, gibt es schon wieder Neues.»
Mit allen Sinnen
Mehr Tempo und Maschinen machen auch mehr Lärm. Remo Schmid zeigt seinen Gehörschutz: Ganz kleine, individuell angepasste Lärmfiltergeräte, die heute in der Produktion alle im Ohr tragen. Hans Schmid erinnert sich, wie er früher mit dem Pamir arbeitete. Rudolf Krebs trug in jungen Jahren noch gar keinen Gehörschutz.
100 Kilogramm schwere Säcke verladen und 50-Kilogramm-Säcke schleppen mussten sie einst, auch der pensionierte Obermüller. Vom Zubinden der Säcke bekam er in seiner Lehrzeit wunde Finger: «Immer schön, mit viel Technik und Perfektion oben ein ‚Röseli‘ falten und die Jutesäcke dann auch ja gerade hinstellen.» Wie sie Papiersäcke zackig, schön gerade und ohne Luft drin zufalten, lernen in der Hafermühle auch die Jungen, bevor das Gebinde auf dem Laufband zur Nähmaschine gelangt. «Bei schräger Kante bleiben die Säcke gern hängen», weiss Noah Eisenring.
Steuerung, Automation
Bis 1970 marschierten die Müller von Maschine zu Maschine und drückten überall einzeln Knöpfe und drehten Schalter. Mehr Komfort brachten dann zentralisierte Lämpchen und Knöpfe auf einem riesigen, grünen Schaltschrank. «Allerdings», so Rudolf Krebs, «mussten wir alle Positionen im Kopf haben.» Seit 1986 gab es verschiedene Automationsschübe. 1996 wurde das computergesteuerte Leitsystem MELE gestaffelt integriert.
Unsere Lernenden können vom «Mühlen-Cockpit» aus, per Mausklick, alle Lagerungs- und Produktionsabläufe exakt steuern und überwachen. Grafisch sind die Prozesse schön dargestellt. «Das heutige Leitsystem WinCoS2 bietet tiefe Einblicke in alle Vorgänge», sagt Hans Schmid. «Nur gilt es, bei Störungen auch zu wissen, wo sich die einzelnen Maschinen, Ventile oder Schieber im Mühlenkomplex befinden.»
Braucht es in Zukunft noch Müller? «Aber sicher», sagen alle in der Runde. Digitale Systeme seien eine gute Unterstützung. Sie melden Störungen und Qualitätsabweichungen. So können die Müller rasch und gezielt eingreifen. «Lose, luege, schmöcke » – der Leitsatz, den Rudolf Krebs mit auf den Weg bekam, gelte noch immer. «Getreide und Mehle sind Naturprodukte und bleiben nie konstant gleich», betont Albert Vogt. «Stimmen nicht alle Leistungsparameter, wickelt oder haftet etwa Roggen an den Walzen. Es entsteht Wärme und riecht verbrannt.» Der Ausbildungsleiter rät den Lernenden, sich bei Problemen zu fragen: «Erfordert eine Getreidemischung feinere Einstellungen? Wurde zu stark genetzt? Oder ist die Temperatur nicht optimal?»
Trotz fortschreitender Automation sind sich alle einig: Nur Menschen können mit einer grossen Produktvielfalt umgehen. Unterschiedliche Produkte verlangen differenzierte Einstellungen an den Maschinen. Und Hans Schmid ergänzt: «Setzt man auf eine zu schnelle statt schonende Vermahlung, fehlt es an Liebe zum Produkt.»