Wie den Klimawandel stoppen?

Wir wissen es, wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um die Erderwärmung und den Klimawandel zu stoppen. Was unternimmt Coop? Was verlangt das Pariser Klimaabkommen? Ergänzende Informationen zum Interview mit Salome Hofer, Leiterin Nachhaltigkeit und Wirtschaftspolitik bei Coop, finden Sie hier.
Solarstrom als Beitrag zum Ziel Netto-Null-Emissionen bis 2050. Entsprechend baut Coop ihre Photovoltaikanlagen auf Dächern von Verkaufsstellen, Produktionsbetrieben und Verteilzentralen aus. Bild: Adobe Stock


Drei Säulen der Nachhaltigkeit

Die jüngste Nach­haltig­keits­strategie der Coop-Gruppe definiert die konkreten, mess­baren «Mehr­jahres­ziele Nachhaltigkeit 2022–2026» für die drei Bereiche → Detail­handel mit rund 2350 Verkaufs­stellen in der Schweiz → Produktions­betriebe wie Swissmill, Chocolats Halba oder Reis­mühle Nutrex sowie die europa­weit tätige Bell Food Group, die Coop mehr­heitsbeteiligt führt → Gross­handel mit der Transgourmet-Gruppe als europa­weit tätiges Abhol- und Belieferungs­unternehmen. 

Die ganze Coop-Gruppe zählt rund 95'000 Mitar­beitende und bietet jährlich um 3'000 Aus­bildungs­plätze. Die Mehr­jahres­ziele von Coop betten sich in drei Säulen mit sechs Antriebs­feldern. Im jährlichen «Fort­schrittsbericht Nach­haltigkeit» rapportiert Coop jeweils über den Stand der Ziele und Projekte. 

Säule 1: Nach­haltige Sortimente mit den Antriebs­feldern «Verant­wortung in den Liefer­ketten» und «Lang­fristiger Schutz der natürlichen Ressourcen». 

Säule 2: Umwelt- und Klima­schutz
mit den Antriebs­feldern «Netto-Null-Emissionen bis 2050» und «Vision eines Zero-Waste-Unter­nehmens». 

Säule 3: Mitar­beitende und gesellschaft­liches Engagement
mit den Antriebs­feldern «Fort­schrittliche Arbeit­geberin» und «Gesell­schaftliche Verant­wortung».


Pariser Klimaabkommen: Netto-Null

Die Schweiz hat 2017 (wie inzwischen fast alle Staaten der Welt) das Pariser Klima­abkommen ratifiziert. Der globale Tempe­ratur­anstieg soll bis 2050 auf +1.5°C begrenzt werden. Alle Vertrags­parteien sind verpflichtet, Klima­schutzmass­nahmen zu erarbeiten und umzusetzen. Denn schnelle Senkungen der Treib­haus­gase­missionen sind unum­gänglich. Diese sollen wissen­schafts­basiert über kurz- und lang­fristige Ziele erreicht werden: in den Städten und Gemeinden, den Liefer­ketten, den Unter­nehmen. Auch der individuelle ökologische Fuss­abdruck muss entsprechend verkleinert werden, indem wir alle etwa fossile Energie­träger ersetzen, Energie sparen, nach­haltiger essen, nicht weiter Lebens­mittel und überhaupt Ressourcen verschwenden.

Die Schweiz will bis 2030 die Treib­haus­gas­emissionen gegenüber 1990 halbieren, teilweise durch ausländische Emissions­minderungen. Dann, bis 2050 gilt es gemäss dem Pariser Klima­schutz­abkommen für alle Staaten, das Netto-Null-Emissions­ziel zu erreichen. Das heisst, die aus­gestossenen Treib­haus­gase müssen der Atmosphäre wieder entzogen werden: konkret das grösstenteils ausgestossene CO2; zudem Methan und Lachgas in der Land­wirtschaft und synthetische Gase in der Industrie, deren Treib­haus­wirkung in CO2-Äquivalenten berechnet wird.


Negative Emissionen

Um das Ziel Netto-Null zu erreichen, müssen menschen­gemachte Emissionen wo immer möglich strikte vermieden werden. Doch laut Bund werden schwer oder nicht vermeid­bare Rest­emissionen bleiben, grösstenteils in der Land­wirtschaft, der Industrie und Abfall­verwertung. Um diese zu senken, gilt es heute und in Zukunft, Methoden anzuwenden, die CO2 entfernen. Dies durch natur­basierte Klima­schutzlösungen, die nicht nur CO2 binden, sondern auch Sauer­stoff freisetzen: beispiels­weise indem man Mischwälder und Mangroven kultiviert, Seegras­wiesen im Meer anpflanzt, Ökosysteme wie Korallen­riffe restauriert, Moore wieder bewässert, Humusböden und Frucht­folgen bildet oder Pflanzen­kohle in Böden einbringt. Restemissionen, die nicht durch biologische Treib­haus­gas-bindende Mittel ausgeglichen werden können, sollen andererseits durch sogenannte Negative Emissions­technologien entfernt und dauerhaft im Unter­grund (allenfalls auch im Ausland) gelagert werden (CO2-Abscheidung und -Speicherung). So arbeiten Forscher etwa der ETH Zürich und ETH-Spin-offs an entsprechenden Techno­logien für die Zukunft.


The Science Based Targets initiative (SBTi)

Die Science Based Targets Initiative ist eine von UN Global Compact, WWF u. a. gegründete Allianz, die im Sinne des Pariser Klima­abkommens Unternehmen weltweit darin unterstützt, ihre Treib­haus­gas-Reduktions­ziele zu formulieren, klare Absenk­pfade hin zu Netto-Null zu definieren und Mass­nahmen­pläne innerhalb gewisser Fristen umzusetzen. Durch die Unterzeich­nung der Science Based Targets Initiative verpflichtet sich die Coop-Gruppe, bis 2024 wissen­schafts­basierte Klima­ziele für das Unternehmen zu erarbeiten. Dafür werden zunächst alle im Jahr 2021 direkt aus­gestossenen Emissionen für die gesamte Coop-Gruppe berechnet, sei dies durch Strom-, Wärme-, Kältenutzung, Abfall­verwertung oder Trans­porte. Daraus leiten sich dann die notwendigen CO2-Reduk­tionen ab für die nächsten Jahre, um die globale Klima­erwärmung auf maximal +1.5°C zu begrenzen. Weil bei Coop 95 Prozent der Treib­haus­gas-Emissionen in den Lieferketten entstehen, müssen auch diese indirekt verursachten Emissionen ermittelt und dann entsprechende Reduktionsmassnahmen getroffen werden.

In einem ersten Schritt will Coop, ihre durch die eigenen Aktivitäten direkt verursachten CO2-Emissionen bis 2026 um 21 Prozent gegenüber 2021 senken: dies durch weniger Energie­verbrauch, grösstenteils erneuer­bare Energien für Heizung und Strom­versorgung, den vermehrten Einsatz von Wasser­stoff- und Elektro-LKWs, die Verlagerung auf die Schiene mittels eigener Railcare, auch mit Plastik­einsparungen und geschlossenen Material­kreis­läufen.


Kritische Rohstoffe

Um negative Aus­wirkungen für Mensch, Tier und Natur zu verringern, verstärkt Coop ihr Engage­ment bei den kritischen Roh­stoffen im Eigen­marken­sortiment: Seien dies Früchte, Gemüse, Blumen, Pflanzen, Fisch, Seafood, Kaffee, Kakao, Palmöl, Reis, Soja, Haselnüsse, Holz- und Papier­produkte wie auch Baum­wolle sowie Fleisch, Milch und Eier. Ziel ist es, eine nach­haltige Land­wirtschaft weiter zu fördern. Es geht darum, ent­waldungs- und umwandlungs­freie Liefer­ketten zu sichern, den Wasser­verbrauch zu senken, das Tierwohl zu erhöhen und generell den Ressourcen­verbrauch zu verringern. Entsprechend setzt Coop noch mehr auf Produkte mit Nach­haltigkeits­standards wie Fairtrade Max Havelaar, Rainforest Alliance, RSPO oder die Bio-Suisse-Knospe. Diese gewährleisten neben ökologischen Anbaumethoden und fairen Preisen auch die Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe. Im Weiteren unterstützt der Coop Fonds für Nach­haltigkeit Biodiversitätsprojekte, etwa den Kakao­anbau in Misch­kulturen. Auch bei den konventio­nellen Produkten sollen Nach­haltigkeits- und Tierwohl-Mindest­standards gruppen­weit konsequenter umgesetzt werden.


Wasserstandard «Spring»

«Spring» steht für «Sustainable Program for Irrigation and Groundwater Use» und regelt die nachhaltige Wasser­nutzung in der land­wirtschaft­lichen Produktion. Zusammen mit dem WWF und GLOBALG.A.P. hat Coop den «Spring»-Standard entwickelt. Das Ziel von Coop: Bis 2026 soll dieser Standard bei Produkten wie Früchten, Gemüse, Blumen, Pflanzen, auch Ölpflanzen aus wasser­kritischen Regionen im Eigen­marken­sortiment zu 100 Prozent umgesetzt werden. Neben dem spar­samen Wasser­verbrauch – etwa durch Tröpf­chen­bewässe­rung oder dank Misch­kulturen und Frucht­folgen – gilt es ebenfalls, die Wasser­qualität zu schützen durch schonende Düngung und Pestizid­­anwendung. Im Weiteren hat Coop gemeinsam mit dem FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) und Bio Suisse einen Leit­faden für ein gutes Bewässerungs­management entwickelt.

Bei den Eigenmarkenverpackungen, auch im Bio-Bereich, reduziert Coop den Plastikverbrauch Schritt für Schritt: etwa mit Netzen, Etiketten und Mehrwegbeuteln als Alternative. Bild: Coop

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