Persönlich

Romeo Sciaranetti

Geschäftsleiter Swissmill und Leiter der Coop-Produktionsbetriebe

«Ja, grosse Projekte muss man optimistisch angehen.»

Romeo Sciaranetti

Seit 2009 wirkt er als Geschäfts­leiter von Swissmill. Die führende Getreide­mühle der Schweiz ist eine Division der Coop Genossen­schaft und beschäftigt in Zürich 85 Mitar­beitende. Romeo Sciaranetti ist in Basel aufgewachsen, ebenda an der Uni absolvierte er das Studium der Wirtschafts­wissen­schaften. Heute lebt der 56-Jährige mit seiner Familie in Meilen. Vor seinem Eintritt bei Swissmill führte er die Lebens­mittel-Produktions­betriebe der Valora AG und war unter anderem bei Kraft Foods Schweiz tätig.

Romeo Sciaranetti engagiert sich in verschie­denen Gremien: Er ist Vorstands­mitglied der Foederation der Schweizerischen Nahrungs­mittel-Industrien (fial), des Dach­verbands Schweizerischer Müller (DSM) und der Branchen­organisation Swiss Granum sowie Mitglied der Beratenden Kommission für Land­wirtschaft (BEKO). Für die Coop Industrie ist er ausserdem Mitglied im Verwaltungs­rat der RéserveSuisse Genossen­schaft.

Neue Meilensteine in Sicht

Romeo Sciaranetti und sein Team sind gefordert: Der Masterplan für die künftige Arealentwicklung und den Mühlenbetrieb nimmt kontinuierlich Gestalt an. Neugierig geworden, befragt das Kornmagazin den Swissmill-Chef.
Romeo Sciaranetti im Sitzungsraum zuoberst im Kornhaus. Bild: Mischa Scherrer

Swissmill hat Grosses vor. Herr Sciaranetti, können Sie uns Ihre Vorhaben grob skizzieren? 
Romeo Sciaranetti: Zukunfts­themen sind für uns sehr präsent. Mit dem Master­plan wollen wir einen weiteren Meilen­stein erreichen. Erste Teil­projekte setzen wir derzeit oder dem­nächst um: Neu integrieren wir zwei angrenzende, Coop-eigene Liegen­schaften in unseren Betrieb. Zudem sanieren wir Teil­bereiche der Mühle sowie unser Gewerbe­haus komplett. Dieses nutzen wir dann um. Herz­stück des Master­plans ist ein neues Betriebs­konzept. Es orientiert sich an den Bedürf­nissen der Mühle und setzt die Rahmen­bedingungen für die lang­fristigen baulichen und unter­nehmerischen Möglich­keiten und Ziele und definiert zudem die optimalen Prozess- und Logistik­abläufe für alle, auch künftigen Anlagen.


Umzüge und Umnutzung

Sie sprechen von «Move» und Masterplan? Was ist gemeint?
Mit dem Master­plan stellen wir betrieblich die Weichen für die nächsten 30 bis 50 Jahre, was auch entsprechende Budgets nach sich zieht. Er umfasst verschiedene Teil­projekte. Zunächst das Projekt «Move»: Wir wollen mit den Geschäfts­bereichen unseres Gewerbe­hauses am Sihlquai 306 in die beiden alten Häuser am Sihlquai 280/282 umziehen, die wir vorher jedoch sanieren.

Die beiden alten Wohnhäuser mit Gewerbe im Parterre werden also Teil des Mühlen­betriebs. Was passiert da genau? 
Die Liegen­schaften werden aussen schön saniert. Innen öffnen wir die Häuser und verbinden alle Stock­werke durchgängig. Dorthin zügeln wir anschliessend alle Abteilungen des Gewerbe­hauses: Auf zwei Etagen integrieren wir unser Labor und die QM-/QS-Bereiche. Auf einer Etage platzieren wir unsere Versuchs­bäckerei und auf zwei weiteren die Administrations­abteilung mit GL, Beschaffung, Marketing & Verkauf, Finanzen und IT.

Das Gewerbehaus (bordeauxrot) von 1982 am Sihlquai 306, nahe am Escher-Wyss-Platz. Bild: Mischa Scherrer
Die Coop-eigenen Liegenschaften am Sihlquai 280 und 282 (Rückfassade), neben dem Eisenbahnviadukt. Bild: Mischa Scherrer


Mühlensanierung und Produktionserweiterung 

Welche Pläne haben Sie für das Gewerbehaus? 
Wir bauen es um und werden es in Zukunft ausschliesslich für die Produktion nutzen. Im Betriebs­konzept ist definiert, wo welche Anlagen stehen werden. So können wir dort entflechten, wo wir heute an die Grenze kommen. Wir investieren in Kapazität und in Qualität. Das hilft uns, die Abläufe und die Prozess­sicherheit zu verbessern. 

Ausserdem beinhaltet der Masterplan eine Sanierung der Mühle. Nur kurz, worum geht es? 
Neue Weichweizen-Walzenstühle lösen unsere bald 40-jährigen etappen­weise ab. Die Installation der Walzen­stühle der einen Linie ist beinahe abgeschlossen, die zweite Linie realisieren wir auch noch in diesem Jahr. Wir erweitern die Produktion in Bezug auf Leistung und Qualität in verschiedenen Bereichen. Unser Sortiment ist sehr breit und umfasst Brotweizen, Dinkel, Roggen, Hartweizen, Hafer und Mais. Entsprechend ist auch unsere Kunden­struktur sehr vielfältig, dem wollen wir Rechnung tragen. 

Zudem ist eine Dach­sanierung des denkmal­geschützten Mühlen­gebäudes nötig, da geht es unter anderem um technische Auf­bauten wie Belüftungen. Das müssen wir intelligent machen, weil wir die ganze Zeit auch produzieren. 

Das Move-Projekt beinhaltet neben dem Zügeln auch eine Menge Bewegung nach vorn? 
Das trifft zu. Das Projekt Move, dessen Kern das Zügeln ist, erzeugt in verschiedener Hinsicht Bewegung. Dadurch schaffen wir den nötigen Platz, um ein wichtiges nächstes Kapitel für Swissmill zu schreiben. Im Grunde ist es ein Befreiungs­schlag. Der Platz­druck wurde immer grösser. Swissmill ist am Standort seit 1843 historisch gewachsen. Das heisst, wir haben gewisse Ein­schränkungen. Weil wir nicht irgendwo auf der grünen Wiese sind, können wir nicht jede Idee so ohne Weiteres verwirklichen. 

Wir waren immer auch gezwungen, darauf zu achten, wie man etwas Neues unter das gleiche Dach bekommt. Selbst wenn etwas, vielleicht beim ersten Gedanken kaum realisierbar erschien. Beim Master­plan bewegen wir uns auf unserem heutigen Areal mitten in der Stadt Zürich. Da ist Rücksicht auf die Nachbar­schaft geboten.

Von aussen bleibt unser Mühlengebäude unverändert.

Romeo Sciaranetti


Mit welchem Team wird der Masterplan umgesetzt?
Wir sind ein gutes Team, das eng zusammen­arbeitet: Es sind unsere Leute, insbe­sondere aus der Produktion, zusammen mit der IE Food in Zürich als General­planer sowie der Direktion 6 mit den Immobilien von Coop; und im Hinblick auf die Betriebs­anlagen allen voran die Firma Bühler. 

Was wird nach Projektabschluss beim Gewerbe­haus und Mühlen­gebäude aussen neu zu sehen sein? 
Von aussen bleibt unser Mühlen­gebäude unverändert. Es ist ein wunder­schöner Bau mit denkmal­geschützter Fassade aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Gewerbe­haus wollen wir mit einem zeit­genössischen Erscheinungs­bild aufwerten. Da werden die Architekten der IE Food demnächst einen entsprechenden Vorschlag machen. In der Bau­eingabe gibt es beim Gewerbe­haus zudem neben einer neuen Rampe auch neue Aussen­silos. Sie sollen die logistische Abwicklung unserer Produkt­vielfalt optimieren. 

Wie sieht der Fahrplan aus? 
Es ist eine anspruchsvolle Zeitachse: Jetzt, im April 2022, möchten wir mit der Sanierung der beiden Wohn­häuser am Sihlquai 280/282 beginnen. Für Sommer 2023 ist der Umzug der Abteilungen des Gewerbe­hauses geplant. Dann erfolgen die Sanierung der Dach­landschaft der Mühle und der Umbau des Gewerbe­hauses. Auch das dürfte nochmals ein bis eineinhalb Jahre beanspruchen. 

Mit welchen Herausforderungen sind Sie da konfrontiert? 
Es ist anspruchsvoll, weil das Bauliche unsere Produktion nicht beein­trächtigen darf. Wichtig ist, dass wir versuchen, alle diese Projekte ineinander zu verzahnen. So dass wir auch unsere personellen Ressourcen intelligent einsetzen können. Wir sind auf Kurs.


Proteste wegen Häuserumnutzung

Im Vorfeld der geplanten Umnutzung der zwei alten Wohn­häuser gab es Proteste und Medien­beiträge dazu. Kam das für Sie überraschend?
Die Art und Weise des Wider­stands und die mediale Vehemenz haben uns schon überrascht. Coop hatte sich als Eigen­tümer gegenüber der Mieter­schaft über die Jahre sehr offen und kulant gezeigt. In dem Moment, wo wir den Eigen­bedarf anmeldeten, wurde natürlich vieles hinter­fragt. Wir zeigten uns immer gesprächs­­bereit und sind heute in einem guten Dialog miteinander.

Es geht um einen Produktions­betrieb, um Arbeits­plätze, um die Weiter­entwicklung einer Swissmill, die im Quartier stark verwurzelt ist. Wir pflegen gute Kontakte und vergeben lokal oft auch gewerbliche Aufträge. Es ist jedoch nahe­liegend, dass wir uns in den eigenen Immobilien weiter­entwickeln wollen. Gerade mit der Pandemie erfuhren wir, was es bedeutet, mit einem Mühlen­betrieb eine Grund­versorgung sicher­stellen zu können. Und wir sahen auch, dass es nötig ist, gewisse betriebliche Abläufe zu verbessern.


Neue IT-Strategie

Neben den baulichen Vorhaben will Swissmill mit einer neuen IT-Strategie in die Zukunft gehen. Was ist geplant? 
2021 führten wir im gesamten Betrieb eine grosse Analyse über unsere IT-Landschaft mit allen Schnitt­stellen durch. Im laufenden Jahr beginnen wir, die neue IT-Strategie umzusetzen. Alle, die schon ein grosses IT-/SAP-Projekt realisiert haben, wissen: Dafür braucht es immer eine gute Planung auf der Zeit­achse und in einem laufenden Betrieb besonders auch zusätzliche personelle Ressourcen. 

IT-Spezialisten von Coop arbeiten Hand in Hand mit unseren Leuten. Da profitieren wir stark vom Know-how der Coop-Gruppe. Und doch können wir die für uns relevanten IT-Applika­tionen so umsetzen, dass sie unseren müllerei­spezifischen Anforderungen gerecht werden. Es ist anspruchs­voll, das bestehende in ein neues System zu überführen. Eine grosse Vorarbeit ist vom ganzen Team geleistet worden, wirklich eine tolle Leistung. Wir machen einen grossen Schritt, um die Steuerung des ganzen Betriebs zu vereinfachen, Doppel­spurigkeiten zu beseitigen, die Trans­parenz und Prozess­sicherheit zu erhöhen.

Unsere Proteinprodukte könnten zu einer nachhaltigen Fütterungsstrategie in der Schweiz beitragen.

Romeo Sciaranetti



Insektenproteine 

Seit einiger Zeit läuft bei Swissmill mit «Zoí» ein Pilotprojekt. Was ist das Besondere an diesem völlig neuartigen Upcycling-Projekt?
Mit Zoí haben wir ein weiteres strategisches Leucht­turm-Projekt. Zusammen mit einem Zürcher Team aus der Gruppe von RethinkResource sind wir dabei, die vertikal integrierte Produktion von hoch­wertigen Insekten­proteinen zu entwickeln, der Kreis­lauf­wirtschaft verpflichtet. Dabei verwenden wir unsere Mühlen­nach­produkte als Nahrungs­quelle für die Insekten­mast. Als End­produkt gewinnen wir wertvolle Insekten­proteine zur Fütterung von Tieren wie Geflügel, Schweine und Zucht­fische. Unsere Protein­produkte könnten zu einer nachhaltigen Fütterungs­strategie in der Schweiz beitragen und beispiels­weise den Import von Soja reduzieren. 

Die Leute von RethinkResource haben einen tollen Startup-Spirit. Mit ihnen entwickeln wir alle Lösungs­ansätze selber – von der Mast über die Verar­beitung bis zu den Applika­tionen. Wir prüfen auch Einsatz­möglich­keiten im Lebens­mittelbereich: hoch­wertige, geschmacklich neutrale Insekten­proteine in Pulver­form für die menschliche Ernährung.

Swissmill-Chef Romeo Sciaranetti freut sich über eine positive Dynamik im Mühlenbetrieb an der Limmat. Bild: Mischa Scherrer


Zweites Anschlussgeleise

Seit 2009 sind Sie Swissmill-Chef! Wie bilanzieren Sie die vergangene Dekade, die Sie erlebt und gestaltet haben? 
Zwölf Jahre sind schon vergangen – mit ein paar Quanten­sprüngen für den Betrieb. Ein Highlight war bestimmt die Realisierung des 118 Meter hohen Korn­hauses. Es signalisiert, dass man an den Standort, den Betrieb und seine Zukunft glaubt. 

Von aussen weniger sichtbar ist, dass wir zudem mit einem zweiten Anschluss­geleise ein klares Bekenntnis für die Schiene und für die Nach­haltigkeit ablegten. Damit können wir uns logistisch weiter optimieren. Es war eine strategische Investition. Die Anlieferung des Getreides und Roh­materials wickeln wir fast ausschliesslich mit der Bahn ab; abgesprochen mit den Verkehrs­betrieben Zürich (VBZ) und mit SBB Cargo. Das funktioniert sehr gut.

Sind Sie zufrieden mit dem Erreichten? 
Ja, wir konnten – und das ist das grosse Verdienst aller Swissmill-Leute – unser Geschäft unter­nehmerisch wesentlich gestalten und dadurch erfolgreich im Markt punkten. Sich als Markt­führerin so weiter­zuentwickeln, sei dies im Sortiment oder qualitativ, ist enorm spannend. Natürlich mit Mutter Coop im Rücken, die uns strategisch und operativ fördert und fordert. Dass wir als Swissmill den Freiraum haben, um unter­nehmerische Akzente zu setzen, ist für mich persönlich eine grosse Genugtuung. 

Gehen Sie jeweils optimistisch in neue Projekte? 
Ja, grosse Projekte muss man optimistisch angehen. Nur auf das Risiko fixiert, wären sie nicht zu stemmen. Für ein Unter­nehmen ist es überaus wichtig, Visionen zu haben. Das klassische Beispiel ist unser Korn­haus, trotz grosser Hürden haben wir daran geglaubt. Ich selbst nicht zuletzt, weil ich mich stark dafür engagierte. Jetzt glaube ich auch fest daran, dass wir hier mit dem Master­plan und einem tollen Team das Richtige machen. 

Worauf legen Sie wert, wenn Projekte initiiert werden? 
Man muss offen sein, um auch einmal einen Schritt zurück­zumachen und etwas nochmals zu überprüfen. Vielfach gehen wir iterativ vor und nähern uns schritt­weise der geeigneten Lösung.  Ideen können von einem Dienst­leister kommen, einem Planer oder von Leuten im Team, die nicht gerade die Projekt­leitung haben. Dazu gehört auch, dass man in Projekten mit flachen Hierarchien arbeitet. Ich denke, wir haben da mittlerweile einen guten Ansatz gefunden. Aber es gab schon Zeiten, wo wir nicht richtig wussten, wie man etwas macht. Da braucht es natürlich Biss und Durch­halte­vermögen, um einen nächsten Anlauf zu nehmen. 

Gibt es ein Beispiel dafür?   
Ja, ein aktuelles. Die Sanierung des Silo­gebäudes 1924 (gemäss Baujahr) zwischen dem Korn­haus und der Mühle nahm dreimal mehr Zeit in Anspruch als anfänglich gedacht. Da gab es am Anfang schon starke Zweifel, ob sich dies umsetzen lasse.


Organische Wachstumsziele

Sie werden uns jetzt wohl kaum Details verraten wollen. Doch, in welcher Hinsicht hat Swissmill Wachstums­pläne? 
Es ist ganz klar: Jedes Unter­nehmen hat Wachstums­ziele. Als Swissmill und auch als Division der Coop Genossen­schaft verabschieden wir jeweils eine Fünf­jahres­strategie. Darin haben wir unsere Ziele und strategischen Mass­nahmen definiert und ein organisches Wachstums­ziel. Das erlaubt uns, auf einem gesunden Level in neue Seg­mente, neue Techno­logien und in die Qualität zu investieren. In der Getreide­welt werden immer wieder neue Seg­mente erschlossen. Da muss man schauen, techno­logisch auf der Höhe zu sein.

In Bereichen, wo Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt Vielfalt und Spezialitäten wünschen, setzen wir Schwerpunkte und nehmen Sortimentsanpassungen vor.

Romeo Sciaranetti


In Bereichen, wo Konsumen­tinnen und Konsumenten vermehrt Vielfalt und Speziali­täten wünschen, setzen wir Schwer­punkte und nehmen Sortiments­anpassungen vor. Beispiels­weise im Dinkel­segment konnten wir in den vergangenen Jahren ein schönes Wachs­tum generieren. Ein regelrechtes Revival bekam der Hafer mit neuen Produkten wie Hafer­drink oder Variationen bei Müesli und Riegel. Wir gehen davon aus, dass die Spezialitäten­segmente weiter­wachsen werden. Da gibt es viel Dynamik, weil seitens der zweiten Verarbeitungs­stufe ein richtiger Innovations­schub bei den Produkten erfolgte. Da hoffen wir als Swissmill, für unsere Kunden eine gute Partnerin zu sein. 

Wie steht es mit Bio & Co.?
Konsumentengetrieben weiter wachsend sind die Nachhaltigkeitsmarken. Allem voran die Bio-Suisse-Knospe. Schön ist jedoch, dass heute auch IP-Suisse bei uns eine bedeutendere Rolle spielt. Wir stellen beide Nachhaltigkeitslabel so auf, dass wir entsprechend dem Marktzuwachs mithalten können. Unser Nachhaltigkeitssegment macht gut 20 Prozent aus. Ich gehe davon aus, dass das Segment weiterwachsen wird. Das konventionelle bleibt jedoch das mit Abstand grösste Segment. 

In den vergangenen Jahren nahm die Bedeutung des Schweizer Rohstoffs wieder zu. Wir schauen, dass wir zu den inländischen Rohstoffproduzenten gute Beziehungen pflegen. Nicht immer ist das gleich einfach. Die Ernte 2021 zeigte eben auch, dass es Grenzen gibt, wenn das Wetter nicht mitspielt. Wir betonen seit Jahren: Wir müssen auch importieren können, um die Versorgung sicherzustellen und in der Beschaffung auch schwierige Jahre quantitativ oder qualitativ zu überbrücken.


Schwierige Ernte 2021

Wie beeinflusst die jüngste Ernte Ihren Betrieb? 
In der Beschaffung gibt es derzeit grosse Heraus­forderungen, die nirgends so auf dem Papier standen. Die Ernte 2021 war ausser­ordentlich schwierig. Das Wetter stellte alles auf den Kopf. Beim inländi­schen Weizen waren die Ernte­volumen bei allen Labels bedeutend kleiner und ergaben wetter­bedingt eine sehr tiefe Qualität. Da ist unsere Produktion in Bezug auf die Rezep­turen extrem gefordert. Auch bei den Kunden­wünschen stossen wir somit teilweise an die Grenzen, was die Mach­barkeit anbelangt. In aller Regel begegnen unsere Kunden uns aber mit Verständnis. Sie wissen, dass wir von der Qualität einer Ernte abhängig sind. Im 2021 war das nicht nur ein Phänomen in der Schweiz, sondern weltweit hat es zu Zerwürf­nissen geführt. Kanada, beispiels­weise, der weltweit grösste Durum-Produzent und -Ex­por­teur, hatte einen Ernte­einbruch von 60 Prozent. Die Versorgungs­sicherheit hat nochmals an Bedeutung gewonnen.

Wenn Sie etwas nach vorne schauen, sehen Sie da Heraus­forderungen auf Sie zukommen? 
Der Markt ändert sich, man muss sehr agil bleiben können. Beispiels­weise im Bereich der Beschaffung, um Trends bei Getreide­sorten oder Labels zu erkennen. Die inländische Agrar­politik ist für uns ebenfalls ein grosses Thema. Als wichtiger Markt­teilnehmer bringen wir uns dort direkt oder über die Verbände in den Diskussionen mit ein. Auch das ist für uns als Swissmill eine wichtige Aufgabe. An unternehmerischen Heraus­forderungen wird es in den nächsten Jahren nicht mangeln.

Wie wir mit dem Projekt Zoí aktuell zeigen, scheuen wir uns auch nicht, komplett neue Felder zu betreten.

Romeo Sciaranetti


Begegnen Sie den Anforderungen mit Freude und Neugier? 
Ja, das grosse Glück ist der grosse unternehmerische Freiraum, den wir haben. Und dass wir eben sehr agil sind, um die Chancen im Markt zu packen. Wie wir mit dem Projekt Zoí aktuell zeigen, scheuen wir uns auch nicht, komplett neue Felder zu betreten. Dies mit grosser Unterstützung von Coop, etwa aus dem Fonds für Nach­haltigkeit. Man darf sagen, innerhalb von Swissmill und Coop gibt es eine grosse Offenheit für neuartige Themen. Man muss sich aber auch dafür einsetzen und überzeugen.


Positive Dynamik

In Anbetracht der zusätzlichen Heraus­forderungen durch die kommenden Projekte: Geht da das Team gut mit? 
Das ist ein wichtiger Hinweis und immer wieder auch eine Frage der Balance. Ich bin überzeugt, dass grosse Projekte für ein Unter­nehmen entscheidend sind. Das zeigt den Mitar­beitenden, dass ein Unter­nehmen Entwicklungs­potenzial und eine Zukunft hat. Es ist essenziell, dass man investiert, nicht nur in Techno­logien, auch in die Mitar­beitenden. Sicher gilt es zu schauen, dass man sich nicht überlastet. Ich bin aber überzeugt: Ein Unter­nehmen, das grosse Projekte vor Augen hat, löst bei den Mitar­beitenden in allen Funktionen eine positive Dynamik aus. 

Ihr Team wurde pandemie­bedingt schon vorher stark auf die Probe gestellt?
In der Zeit der Pandemie, besonders im 2020, hat sich der Zusammen­halt der Mitar­beitenden auf wunder­bare Art und Weise demonstriert. Alle unsere Produkte im Detail­handel hatten eine enorme Nachfrage. Im Gegen­satz zu jenen mit Schwer­punkt Gastro­nomie. In kurzer Zeit gelang es uns, das Portfolio gut um­zustellen und die personellen Ressourcen neu ein­zusetzen. Es war bestimmt viel Arbeit. Doch wenn man sich für eine gute Sache einsetzen kann, ist eine solche Zusatz­runde auch mit Genug­tuung verbunden. Wir haben eine super Truppe, die sich gegen­seitig stark unterstützt. Sonst hätten wir gerade im 2020 diesen Peak nicht so gut gemeistert, insbeson­dere die Klein­packabteilung zeigte eine ausser­ordentliche Leistung.

Wie spannen Sie selber aus? 
Ein wichtiger Pol, um abzuschalten, die Batterien zu laden und neue Ideen zu generieren, ist die Familie mit unserem 14-jährigen Sohn und unserer zwölf­jährigen Tochter, wo Bewegung, Sport und Spiel und eben auch die Hausauf­gaben dazu­gehören. Uns ist es auch wichtig, dass wir die Ferien­zeiten als Familie gut geniessen können. Sei es im Winter beim Skifahren oder im Sommer in Griechen­land am Meer. Zu meiner grossen Freude.

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