Persönlich

Daniel Hiestand

Leiter Panofina

«Wenn wir etwas Neues brauchen, ist Swissmill unser Ansprechpartner.»

Daniel Hiestand

Daniel Hiestand (geb. 1976) leitet seit März 2022 die Coop-Bäckereien Panofina. «Nein, mein Nachname hat keinen Zusammenhang mit dem gleichnamigen Bäckerei-Unternehmen», sagt er lachend. Er wurde bestimmt nicht zum ersten Mal danach gefragt. Daniel Hiestand hat nach seinem Studium der Lebensmittelwissenschaften an der ETH Zürich direkt den Einstieg in die Bäckereibranche gefunden und war rund 15 Jahre bei Jowa AG tätig. Nach einigen Jahren in einem Startup-Unternehmen ergriff er die Chance, Leiter der Panofina zu werden. Und er scheint dort angekommen zu sein: Als er uns durch den Bäckerei-Betrieb in Schafisheim führt, wird er von allen Mitarbeitenden fröhlich gegrüsst.

«Die Entwicklung der Qualität der Backwaren ist enorm»

Panofina produziert für Coop Retail täglich eine Vielzahl von Broten, Teigen, Gebäck und mehr. Die Produktionsstandorte werden derzeit von fünf auf vier reduziert, zugleich wird weiter in die Qualität investiert. Wir haben mit Geschäftsleiter Daniel Hiestand über Panofinas Wachstumspotenzial, Brottrends und die Zusammenarbeit mit Swissmill gesprochen.
Daniel Hiestand, Leiter Panofina, in der grössten Coop-Bäckerei in Schafisheim. Bilder: Daniel Sutter

Herr Hiestand, Sie leiten seit März 2022 die Coop-Bäckereien Panofina. Was hat Sie dazu motiviert, diese Aufgabe zu übernehmen?
Ich habe an der ETH Zürich Lebensmittelwissenschaften studiert und anschliessend viele Jahre in der Lebensmittelindustrie gearbeitet. Dort habe ich Einblicke in sämtliche Bereiche erhalten – von der Technik über die Produktion bis ins Marketing. Nach einem Abstecher zu einem Startup war für mich klar, dass ich in ein Grossunternehmen gehöre. Die Aufgabe als Geschäftsleiter der Panofina passte perfekt.

Was waren die Schwerpunkte Ihrer ersten drei Jahre bei Panofina?
Als ich anfing, befand sich die neue Bäckerei-Strategie der Coop-Gruppe in der Umsetzung. Die Verantwortlichen für die einzelnen Bäckereien waren gleichzeitig Leiter der Verteilzentrale – heute sind die zwei Funktionen getrennt. Das ist auch gut so: In der Logistik geht es primär um Effizienz, eine Bäckerei generiert hingegen Wertschöpfung. Es geht bei uns neben der Kosteneffizienz auch um Dinge wie Qualität und neue Rezepturen. Seit meinem Einstieg bei Panofina fand daher ein Kultur- und Organisationswandel statt. Weitere wichtige Projekte waren die Neuorganisation des Schichtbetriebs, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden an der Linie zu verbessern, und das Projekt «Giusto» zur Reduktion von fünf auf vier Bäckerei-Betriebe.


Der grösste Teil unserer Brote wird heute tiefgekühlt in die Filialen geliefert und gelangt nach dem Aufbacken warm ins Verkaufsregal.

Daniel Hiestand


Der Produktionsstandort Bern wird aufgelöst. Was sind die Gründe, und wo steht das Projekt aktuell?
Der grösste Teil unserer Brote wird heute tiefgekühlt in die Filialen geliefert und gelangt nach dem Aufbacken warm ins Verkaufsregal. Deshalb können wir die Einzugsgebiete der Bäckerei-Betriebe vergrössern und die Spezialisierung stärken. Von Schafisheim aus beliefern wir die ganze Schweiz mit zahlreichen Produkten, und der Holzofen-Zopf wird zum Beispiel nur noch im Tessin produziert. Den grössten Teil der Berner Produktion verlagern wir nach Aclens, das seinerseits Produktionen an Gossau abgegeben hat. Ab August oder September wird die Produktion in Bern eingestellt. Das Gebäude wird umgebaut, um es künftig für die Logistik zu nutzen. 

Was passiert mit den Mitarbeitenden?
Wir hatten viel Vorlauf und haben für alle Lösungen gesucht. Viele wechseln in die Logistik, die am gleichen Standort bleibt. Die Bäckerei-Fachleute gehen primär in die Hausbäckereien der Filialen, wo wir grossen Bedarf haben, und vereinzelt in den Verkauf. Die Mitarbeitenden an der Linie werden anderswo gebraucht – gespart wird primär bei der Infrastruktur und bei der Führungsetage.

Die Coop-Gruppe setzt stark auf die vertikale Integration. Was bedeutet dies für Panofina?
Wir arbeiten eng mit dem Category Management von Coop Retail zusammen. Mit Ausnahme weniger Produktkategorien, beispielsweise den «Gipfeli», beziehen die Filialen alles bei uns. Wir diskutieren zudem gemeinsam die Entwicklung neuer Produkte. Vertikale Integration bedeutet für uns auch, dass wir sämtliches Mehl bei Swissmill beziehen. Das Prinzip der vertikalen Integration gibt uns grosse Stabilität, weil klare Spielregeln gelten. Es gibt aber auch Nachteile. 


Das Wachstumspotenzial ist noch gross, sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Coop-Gruppe.

Daniel Hiestand


Inwiefern? Wird man dadurch etwas träge?
Die Kosten, die anfallen, sind bezahlt, und wir haben für diese Mengen keine unmittelbare Konkurrenz. Wir müssen uns deshalb tatsächlich stärker selbst antreiben, um besser und effizienter zu werden. Das Wachstumspotenzial ist noch gross, sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Coop-Gruppe. Hilcona bezieht das Brot für ihre Sandwiches zum Beispiel noch grösstenteils von der Konkurrenz.

Wie verläuft die Zusammenarbeit mit Swissmill?
Wir haben zweimal im Jahr ein strategisches Treffen mit Swissmill und Coop Retail. Da geht es beispielsweise um Trends, um die Verfügbarkeit von Schweizer Bio-Getreide oder um die Entwicklung von Spezialmehlen. Auch wenn wir etwas Neues brauchen, ist Swissmill unser Ansprechpartner. Entweder sie produzieren es schon selbst, ergänzen ihre Produktepalette oder beschaffen es für uns am Markt.

Was sind aktuelle Trends? Sie haben auf dem Rundgang gesagt, viel dunkler werde das Brot kaum.
Der Brotkonsum als Ganzes nimmt sicher nicht zu, denn Kohlehydrate werden heute kritisch betrachtet. Ein Trend ist die Nachfrage nach Dinkel. Viele Menschen haben das Gefühl, sie vertragen ihn besser, obwohl es auch eine Weizenart ist. Dinkelbrot hat längere Gärzeiten und eine längere Teigführung, und währenddessen werden die sogenannten FODMAP abgebaut – bestimmte Kohlenhydrate und Zuckeralkohole. Es könnte also auf die Produktionsart zurückzuführen sein. Der Vollkornanteil dürfte sich hingegen trotz Gesundheitsbewusstsein nicht entscheidend erhöhen. Sobald es zu stark wahrnehmbar ist, nimmt die Nachfrage ab. Wir versuchen es aber weiter und lancieren demnächst ein Vollkornbrötli und einen Vollkornzopf. 


Die Struktur und der Geschmack des Brotes und damit die Freude daran sind in den letzten zehn Jahren um das x-fache gestiegen.

Daniel Hiestand


Was bedeutet die Stagnation des Brotkonsums für Panofina?
Wir steigern die Qualität. Wenn ein Produkt super gesund, aber nicht gut ist, wird es nicht gekauft – das war schon immer so. Die Entwicklung der Qualität der Backwaren ist enorm. Die Struktur und der Geschmack des Brotes und damit die Freude daran sind in den letzten zehn Jahren um das x-fache gestiegen. 

Was sind die Gründe für die bessere Qualität?
Am Anfang der industriellen Brotproduktion ging es vor allem um Effizienz. Das Brot sollte möglichst schnell fertig werden und hatte keine Zeit, sich zu entfalten und eine Struktur zu bilden. Damals wurde viel mit Backmitteln gemacht. Seit ein paar Jahren erreichen wir wieder die Qualität der handwerklichen Produktion. Wir haben eine lange Teigführung, 48 Stunden Vorstufe und nutzen mehr Sauerteig. Man besinnt sich zurück auf das Handwerk, ohne auf die Skaleneffekten der Industrie zu verzichten. Mit den heutigen Anlagen können wir viel weichere Teige verarbeiten als früher. Das bedeutet mehr Qualität und mehr Frische.

Was hat diese Entwicklung ausgelöst: die Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten oder die Fortschritte der Technologie?
Es gibt immer wieder Bewegungen, die sich zurückbesinnen. Diese romantische Vorstellung des Brotbackens spielt schon eine Rolle. Bilder, die im Kopf der Konsumentinnen und Konsumenten entstehen, und Geschichten, die wir erzählen können, sind wichtig. «Das Brot soll möglichst schnell fertig sein» ist keine solche Geschichte. 

Jedes Brot wird nach dem Backen geprüft. Was nicht dem Qualitätsstandard entspricht, gelangt nicht ins Verkaufsregal.

Es findet also gewissermassen eine Korrektur der industriellen Entwicklung statt?
Ja, und auch die Konkurrenz spielt rein. Man treibt sich gegenseitig an und dadurch wird die Qualität besser. Wenn der Preis gesetzt ist, kann ich mich nur noch über die Leistung differenzieren. Steinofen- oder Holzofenbrot ist ein solches Differenzierungsmerkmal.

Was sind die Schwerpunkte von Panofina in den nächsten Jahren?
Das Projekt «Giusto» wird uns bis Ende Jahr noch stark beschäftigen. In den Folgejahren sind die Weiterentwicklung der Organisation und der Ausbau des Angebots wichtige Ziele. Wir wollen auch auf dem Drittmarkt wachsen.  

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was ist Ihr Lieblingsbrot?
Ich mag am liebsten meinen selbst gemacht Vollkornzopf mit 100 Prozent Vollkornmehl. Nicht etwa, weil er sensorisch sensationell wäre, sondern weil meine Kinder ihn über alles lieben. Das ist grossartig. Abgesehen davon mag ich grobporiges Weizen-Sauerteigbrot wie unser Maggia-Brot. Allzu sauer sollte es aber nicht sein. 

Deshalb also der Vollkornzopf.
Es ist tatsächlich ein persönlich gefärbtes Projekt. Das Produkt, das wir in der Entwicklung haben – zurzeit auf Stufe Anlagenmuster – hat aber einen tieferen Vollkornanteil. Meiner würde sich nicht verkaufen. Was den Zopf ausmacht, ist die Struktur seiner Krume, das Faserige. Das macht ihn so besonders. 


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